Geschichtliche Quellen über die Eifel in Lothringen
Der Ort Boos ist älter, als bisher angenommen.

von Heimatforscher Horst-Dieter Stephani

Die Vergangenheit kann noch so gut erforscht werden, es bleiben immer noch Lücken. Hin und wieder sorgen jedoch bisher unbekannte Quellen für Überraschungen. Dem Heimatforscher erschließen sich so neue Möglichkeiten, der Geschichte seines Heimatdorfes näher zu kommen.
Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes Boos stammt aus dem Jahre 1238. Ein Hinweis des Historikers Dr. Manfred Huiskes, Köln, wies den Weg für Ermittlungen in Richtung Lothringen.
Es waren demnach nicht allein  Grafschaften und Bistümer, die im 10. Jahrhundert über Dörfer und Besitztümer  verfügten, sondern auch die über  diesen Lehnsherren stehende Herzöge.
In der Eifel reichte ab dem Jahr 965 das Gebiet des Herzogtums Oberlothringen bis an den Rhein. Dadurch war der Regent der Herzog von Lothringen.Die Residenz des Herzogs war in Champenois und später in Nancy. Es liegt nahe, auch dort nach Quellen für die Heimatforschung zu suchen.
Wenn die Rede von ,,Oberlothringen” ist, muss vorausgeschickt werden, dass Kaiser  Otto I. in den Jahren 959/965 ,,Lotharingien” aufgeteilt hat, und zwar in Niederlothringen, das sich von Köln über Aachen, Lüttich bis nach Cambrai erstreckte, und Oberlothringen,  das Gebiet von Verdun, Toul, Metz, Luxemburg, Trier und Koblenz.
Im Archiv in Nancy fand ich im Mai 1996 die Abschrift einer ehemaligen Urkunde  aus dem Jahre 1115. In deren Inhalt wurden u.a. die Dörfer Zissen und Boos sowie Andernach, Hatzenport und Nürburg erwähnt.
Der Ort Boos ist also urkundlich gesehen 123 Jahre älter als bisher bekannt! Natürlich müssen die Booser  nicht die bisherige Ortsgeschichte umschreiben. Mit diesem neuen Datum sollte lediglich etwas Licht in die Zeit vor 1238 gebracht werden. Dies ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Aber dazu später mehr!

Zur historischen Grundlage für die o.g. Urkunde muss ausgeführt werden:
Die Herzöge von Oberlothringen kamen 959 aus dem Ardennerhaus - Bar und ab 1033, mit Gozelo I. aus dem Ardennerhaus - Verdun. Zu dieser Zeit regierte in Metz Graf Adalbert, der im Jahre 1033 zusammen mit seiner Gattin Judith die Abtei Bouzonville (Busendorf) zwischen Metz und Trier gründete, für die später auch die besagte Urkunde erstellt wurde. Dem Grafen Adalbert, folgte sein Sohn Gerhard, als Gerhard II, und dessen Sohn, ebenfalls Gerhard, als Gerhard III. Letzterer  wurde im Jahre 1048 von Kaiser Heinrich III. mit dem Herzogtum Oberlothringen ausgestattet, und nannte sich seitdem Herzog Gerhard I. von ,,Haute Looraine” - Hochlothringen.
Gerhard I. lebte bis 1070. Sein Nachfolger wurde sein ältester Sohn Thierry, als  Herzog Dietrich II. von Oberlothringen. Dietrich II. starb am 23. Januar 1115 und hinterließ 3 Söhne. Simon, Gerhard und Thierry, bzw. Dietrich. Simon, als ältester Sohn, wurde  Herzog Simon I., während seine beiden Brüder dem Kaiser Heinrich V. ergeben waren, und an dessen Feldzügen teilnahmen. Diese Feldzüge verschlangen Unsummen an Apanagen und Unterhalt für die Truppen, weil  ganze Familien, Frauen und Kinder der Soldaten, mit zu den Kriegsschauplätzen zogen.
Wie bei vielen Herrschern wurde auch dem Herzog von Lothringen das Geld knapp. Die beiden jüngeren Brüder mussten für ihre Kriegskasse Geld leihen. Die Klöster jener Zeit verfügten über entsprechende Barschaften. Also sprach man im nahegelegenen, und der vom Ur-Urgroßvater Adalbert gegründeten Abtei Bouzonville vor. Abt Renier war bereit, gegen Bürgschaft und Sicherheit, den Brüdern Gerhard und Dietrich ,,unter die Arme zu greifen”.
Als Gegenleistung schenkte Herzog Simon I. der Abtei Bouzonville etliche Besitzungen. Einige davon lagen in der Nähe der Abtei, im Saarland; andere lagen östlich davon, wie Rahling, Offwiller und Obermodern im Elsass, im Moseltal zwischen Thionville und Trier und Zissen genannt mit dem Hinweis: ,,...auf dem Plateau der Eifel, in der Nähe des Laacher See”, als östlichster Besitz der Abtei! In den vielen Ordnungspunkten, die in der Urkunde festgelegt wurden, wird auch ”...das Dorf Boos...” erwähnt.
Um die Rechte der Abtei zu sichern, wurde der Schenkungsakt beurkundet, durch den Bischof von Metz, Etienne (Stephan) de Bar, der die Urkunde dem Abt Renier im Beisein einiger Dutzend namhafter Zeugen ausstellte.
Diese Abschrift der Originalurkunde ist 580 mm breit und 735 mm lang, Vorder- und Rückseite sind beschrieben. Aus dem Inhalt der Urkunde sind für Boos folgende Passagen maßgebend.
”Außerdem wollen wir gewisse Rechte Eurer Kirche durch die Bestätigung einer Urkunde, die wir hier wiederholen, befestigen und diese Rechte wollen wir einzeln anführen.”
Weiter heißt es dort:
”Auch in dem Dorf, das Boos heißt, ist eine Hufe (oder auch eine Manse) die      30 Denare am Fest des hl. Martin zahlt.
Der Haupthof mit ca. 7 oder 8 Mansen, verwaltet von einem Vogt, war in Zissen.  Zusätzlich wurde in Boos eine Manse für die Abtei Bouzonville bewirtschaftet, welche die Abgabe am Martinstag an Zissen entrichten musste.
Der französische Historiker Charls Edmond Perrin hat festgestellt, dass eine Manse bis zu 60 Morgen Land umfasste, und meist von zwei bis fünf Familien bewirtschaftet wurde. Jener Historiker zweifelt aber an der Echtheit der Urkunde.
Was die Datierung betrifft, ist dies ebenfalls anzunehmen, zwei Personen dieser Urkunde, Bischof Etienne de Bar und Abt Renier waren 1115 noch nicht gemeinsam in ihren Ämtern. Dies war nur von 1120 bis 1130.

Trotz Zweifel an dem Zeitpunkt der Datierung, ist von der Wahrheit des Inhalts auszugehen. Im Jahre 1179 wurde der Inhalt dieser Urkunde, mit sämtlichen Besitzansprüchen des Klosters Bouzonville, von Papst Alexander III. in einer päpstlichen Bulle bestätigt. Außerdem schrieb der Abt Nicola Dicop 1978:
”Boos - Bundesrepublik Deutschland, Rhld. -Pfalz, Kreis Mayen Koblenz.
Früher nannte sich der Ort:  Bus, Bosse, Busse.
Obwohl der Ort 50 km von Niederzissen entfernt ist, gehört er zu der rheinischen Landesgruppe, die zu ihrer Gründung an die Abtei Bouzonville vererbt wurde. Die Benediktiner besaßen hier eine Manse, die von der Grundherrschaft von Zissen entband.“

C. Perrin  meint in diesem Zusammenhang:
,,In dem Orte Boos gibt es eine Manse, die am Tag des hl. Martin 30 Denare bezahlt. Alles in allem bewirtschaften die Mönche von Bouzonville in Boos einen Bauernhof, der die Abgabe an Zissen verrichtet.”
Hier taucht der Hinweis auf ein evtl. Gründungsgeschenk an die Abtei durch den Gründer Graf Adalbert oder dessen Sohn Gerhard II. auf.
Die päpstliche Bestätigungsbulle von 1179 besagt u.a. ,,Bouzonville hatte u.a. auch Besitz in Zissen, der zwischen 1033 und 1045 der Abtei von Graf Gerhard II. von Metz und seiner Frau Gisela geschenkt worden ist”.

Der Historiker Dr. M. Huiskes führte hierzu aus:
,,Zu diesem Besitz gehörte nun, sicherlich von Anfang an, auch die eine Manse in Boos!”
Die gefälschte Urkunde ordnet Dr. Huiskes etwa in die Jahre 1200/1205 ein. Die noch vorhandene Abschrift der Originalurkunde stammt vom 6. November 1600.

Ergebnis:

Es sind Existenz und Schenkung eines Hofgutes in Boos an die lothringische Abtei, in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts - um 1033-1045 - anzunehmen!
Die Ersterwähnung des Ortes Boos in der Eifel liegt also weiter zurück als angenommen und kann  im 11/12. Jahrhundert angesiedelt werden.
Am Ende sei darauf hingewiesen, dass die Orte Zissen und Boos im östlichen Ausdehnungsbereich des Herzogtums Lothringen nicht die einzigen Orte der rheinischen Landesgruppe waren.  Hier ist Raum für weitere Forschungen in diesem Bereich.
 

Verfasser:
Horst-Dieter Stephani, Hauptstr. 24,
56729 B o o s, Tel. 02656/1892

Quellenverzeichnis:

1.)  Archiv in Nancy
Départements Meurthe et Moselle in Nancy,
1. Rue de la Monnaie, 54052 Nancy - Cedex:
Abschrift der gefälschten Urkunde unter Signatur B 486 Nr. 34

2.)  LHAK:
Das Buch von Ch.- Edmond Perrin
,,Recherches sur la Seigneur le Rurale en Lorraine d après les plus
anciens censiers (IX-XII siècle) Paris 1935.”
 Signatur III P 80 auf den Seiten 451, n.3 und 5. 732, n.5.

3.)  Archiv in Metz
Départements de la Moselle,
B.P. 1096, 57036 Metz - Cedex
Abt Nicolas Dicop:
,,Bouzonville und seine Abtei, die schöne Geschichte einer lothr. Abtei.”  Bibliotheque Nr. 12005.

4.)  Udo Bürger
,,Chronik Niederzissen” Geschichtliches der Brohltal-Gemeinde in Wort  und Bild, Niederzissen 1992

Für die Mithilfe beim Transkribieren der Urkunde danke ich Frau Bernadett Michels, Mannebach/Eifel.

Meinen Dank pp... (Dr. Huiskes)

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